Unkündbarkeit
- Was genau versteht man unter „Unkündbarkeit“?
- Welcher Unterschied besteht zum generellen oder besonderen Kündigungsschutz?
- Wie weit geht der Schutz der Unkündbarkeit?
- Welche Besonderheiten sind hinsichtlich der Sozialauswahl zu beachten?
- In welchen Fällen sieht das Gesetz beispielhaft die Unkündbarkeit bzw. besondere Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung vor?
Was genau versteht man unter „Unkündbarkeit“?
Im Ausnahmefall kann das Arbeitsverhältnis wegen Unkündbarkeit nicht ordentlich gekündigt werden, sodass die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung durch einseitige Erklärung des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers eingeschränkt wird. Diese Arbeitsverhältnisse können dann nur im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB gekündigt werden. Grundsätzlich betrifft diesen Kündigungsschutz nur den Arbeitnehmer. Eine Ausnahme besteht bei Teilzeitbeschäftigungen im Sinne des § 15 Abs. 3 TzBfG, die auch den Arbeitgeber vor einer ordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer schützen soll.
Die Unkündbarkeit ergibt sich häufig aus dem anzuwendenden Tarifvertrag oder gesondert aus bestimmten Gesetz. Eher selten sind dagegen einzelvertragliche Regelungen der Unkündbarkeit im Arbeitsvertrag.
Die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung lässt sich allerdings durch Regelung der Unkündbarkeit nicht ausschließen. Bei einer außerordentlichen Kündigung muss die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar sein, weshalb ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB vorliegen muss. Liegen die Voraussetzungen nach § 626 BGB vor, besteht immer die Möglichkeit eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Der Ausschluss der außerordentlichen Kündigung ist demnach unwirksam und rechtlich ohne Folgen. Die Außerordentliche Kündigung ist aber nicht mit der fristlosen Kündigung zu verwechseln. Unter Umständen muss die außerordentliche Kündigung aber mit einer sozialen Auslauffrist versehen werden.
Welcher Unterschied besteht zum generellen oder besonderen Kündigungsschutz?
Im Gegensatz zum generellen Kündigungsschutz besteht somit nicht nur die Möglichkeit der Überprüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung, sondern die ordentliche Kündigung wird von vornherein rechtlich ausgeschlossen.
Dagegen besteht der gesetzliche Sonderkündigungsschutz nur bei bestimmten Arbeitnehmern wie beispielsweise Schwangeren, Schwerbehinderten oder Betriebsratsmitgliedern. Auch dieser Kündigungsschutz beschränkt nur die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung für den Arbeitgeber und schließt eine ordentliche Kündigung nicht pauschal von vornherein aus.
Wie weit geht der Schutz der Unkündbarkeit?
Die Unkündbarkeit schützt nicht vor der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB. Eine Kündigung aus betriebsbedingtem Grund kann somit im Wege der außerordentlichen Kündigung gem. § 626 BGB wirksam sein. Um den Arbeitnehmer dann nicht schlechter darstellen zu lassen als bei fristgemäßer ordentlicher Kündigung, die wegen der Unkündbarkeit unwirksam wäre, muss der Arbeitgeber eine Frist im Sinne der regulären Kündigungsfrist beachten.
Bei krankheitsbedingten Gründen kann der Arbeitgeber dagegen faktisch keine außerordentliche Kündigung aussprechen. Nur ausnahmsweise kann der Arbeitgeber einem unkündbaren Arbeitnehmer krankheitsbedingt kündigen, wenn ausdrücklich ausgeschlossen werden kann, dass der Arbeitnehmer wieder zu seinem Arbeitsplatz zurückkehren wird.
Welche Besonderheiten sind hinsichtlich der Sozialauswahl zu beachten?
Unkündbarkeitsregeln mit dem Arbeitnehmer dürfen vom Arbeitgeber nicht beschlossen werden, um absichtlich das Prinzip der Sozialauswahl im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG zu umgehen. Nach diesem Prinzip muss der Arbeitgeber bei betriebsbedingter Kündigung zuerst den Arbeitnehmern kündigen, die noch nicht lange im Betrieb beschäftigt sind und daneben auch keine Unterhaltsverpflichtungen haben. Grundsätzlich geht dabei allerdings die Unkündbarkeit der Sozialauswahl vor, aber nur solange wie der Rechtsmissbrauch ausgeschlossen werden kann.
In welchen Fällen sieht das Gesetz beispielhaft die Unkündbarkeit bzw. besondere Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung vor?
Für besondere Berufsgruppen sieht das Gesetz besondere Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung vor. Beispielsweise dürfen Auszubildende nach Ablauf der vereinbarten Probezeit nur außerordentlich nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ohne Beachtung einer Kündigungsfrist und bei Vorliegen eines besonderen Grundes gekündigt werden. Auch dürfen grundsätzlich befristete Arbeitsverträge nicht ordentlich gekündigt werden.
Betriebsratsmitglieder können nur ordentlich gekündigt werden, wenn sich der besondere Grund aus der Stilllegung des gesamten Betriebes oder einer Abteilung ergibt. Allerdings muss zuvor nach § 103 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats erteilt worden sein. Denselben Schutz wie Betriebsratsmitglieder genießen Gleichstellungsbeauftragte nach § 18 Abs. 5 Satz 2 BGleiG und Mitglieder der Personalvertretung nach § 47 Abs. 1 BPersVG. Diese erfordern anstelle des Betriebsrats die spezielle Zustimmung des Personalrats.
Schwangere können nach § 9 Abs. 1 MuSchG ihren gesonderten Kündigungsschutz geltend machen. Nur in besonderen Fällen wie bei der Begehung eines groben Pflichtverstoßes oder Betriebsschließung kann hiervon eine Ausnahme gemacht werden. Dem Arbeitgeber muss bei Ausspruch der Kündigung die Schwangerschaft der Arbeitnehmerin bekannt gewesen sein. Der Kündigungsschutz erweitert sich auch auf Frauen vier Wochen nach der Entbindung.
Daneben genießen auch Eltern einen Kündigungsschutz gem. § 18 Abs. 1 BEEG. Diese dürfen bis zum dritten Lebensjahr des Kindes Elternzeit beantragen. Innerhalb der beantragten Elternzeit darf diesen nur in Ausnahmefällen gekündigt werden und darüber hinaus muss die Kündigung vorher behördlich für zulässig erklärt werden.
Ein Sonderfall entsteht, wenn ein Betrieb oder Teil des Betriebes verkauft wird und auf einen neuen Inhaber übergeht. Der Erwerber ist verpflichtet nach § 613a Abs. 1 BGB alle Arbeitnehmer des vorherigen ursprünglichen Arbeitgebers zu übernehmen. Der neue Arbeitgeber kann somit den Arbeitnehmern nicht aus Gründen des Betriebsübergangs kündigen, vgl. § 613a Abs. 4 BGB.
Ist der Arbeitnehmer aufgrund von Unterstützungshilfe eines pflegebedürftigen Angehörigen gem. § 2 PflegeZG bei der Arbeit verhindert, besteht innerhalb dieser Zeit besonderer Kündigungsschutz des Arbeitnehmers. Nur in Ausnahmefällen kann die zuständige Behörde nach § 5 Abs. 2 PflegeZG eine derartige Kündigung für zulässig erklären.
Als besondere Personengruppe genießen auch Menschen mit Schwerbehinderung oder die diesen gleichgestellt sind nach § 2 Abs. 3 SGB IX gesonderten Kündigungsschutz, soweit diese mehr als sechs Monate beschäftigt sind. Der Arbeitgeber muss für eine wirksame ordentliche oder auch außerordentliche Kündigung zuvor die Zustimmung des Integrationsamts nach § 85 SGB IX einholen. Auch die Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung genießen nach § 93 Abs. 3 SGB IX denselben Kündigungsschutz wie Betriebsratsmitglieder. Auch sie können neben der außerordentlichen Kündigung nur bei Stilllegung des Betriebes oder einer Abteilung ordentlich gekündigt werden.
Sollte Ihr Arbeitsverhältnis unkündbar sein, Ihr Arbeitgeber Ihnen aber gekündigt haben, dann sollten Sie sich dringend an einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden.